Büsingen am Hochrhein: Die Stadt zwischen zwei Ländern

Büsingen am Hochrhein ist eine deutsche Stadt mit viel Schweizer Charakter. Das liegt daran, dass diese kleine Stadt am Rhein vollständig von der Schweiz umgeben ist. Das macht Büsingen zu einer Enklave, und wie viele territoriale Enklaven hat Büsingen die vielen Formen und Konventionen seines Gastgeberlandes aufgenommen — vielleicht etwas williger.

Die Einwohner von Büsingen sprechen Schweizerisch und verwenden lieber Schweizer Franken als Euro. Tatsächlich akzeptierte Büsingen bis Ende der 1980er Jahre nicht einmal die D-Mark. Sogar die Büsinger Post akzeptierte nur Schweizer Franken für die Bezahlung deutscher Briefmarken. Obwohl Kinder eine örtliche deutsche Schule besuchen, lernen viele Gymnasiasten auf der anderen Seite der Grenze. Die meisten Büsinger arbeiten für die Schweiz in nahe gelegenen Schweizer Städten und werden in Schweizer Franken bezahlt, was die Präferenz der Stadt für die Währung ihres Nachbarn erklärt. Sogar ihr Strom kommt aus der Schweiz. Trotzdem zahlen sie deutsche Einkommensteuern, weil sie technisch gesehen immer noch deutsche Staatsbürger sind.

Büsingen am Hochrhein

Büsingen am Hochrhein am Oberrhein. Foto: Donald.kaden/Flickr

In Büsingen herrscht viel Dualität. Einwohner können zwischen zwei Postleitzahlen wählen, und Telefonanbieter aus beiden Ländern konkurrieren miteinander um Kunden, ebenso wie Versicherungsunternehmen. Deutsche und Schweizer Steckdosen finden Sie sowohl in Privathaushalten als auch in Hotels. Sie haben sogar zwei Polizeikräfte. Ein in Büsingen ertappter Unruhestifter kann entweder vor einem deutschen oder einem Schweizer Gericht vor Gericht gestellt werden, je nachdem, welcher Polizeibeamte an der Festnahme beteiligt war.

Wie kam Büsingen in diese bizarre Lage? Alles begann mit einer Familienfehde im Jahr 1693. Büsingen stand damals unter der Herrschaft eines österreichischen Lehnsherrn namens Eberhard Im Thurn. Eberhard gehörte einer protestantischen Familie an, aber nach einem Streit mit dem Stadtpfarrer wurde Eberhard beschuldigt, ein heimlicher Katholik zu sein. Bald darauf wurde er von seinen eigenen Cousins entführt und den Schweizer Behörden in Schaffhausen übergeben. Eberhard verbrachte sechs Jahre in einem Kerker, bevor er körperlich und geistig angeschlagen nach Büsingen zurückkehrte. Nach seiner Rückkehr konvertierte Eberhard tatsächlich zum Katholizismus. Die Entführung und Inhaftierung des Herrn von Büsingen durch die benachbarten Schweizer führte fast zum Krieg zwischen Österreich und der Schweiz. Einige Jahrzehnte später, als Österreich seine lokalen Bestände an den Schweizer Kanton Zürich verkaufte, hielt es an Büsingen fest, nur um sie zu ärgern. Schließlich wurde dieser Teil des österreichischen Reiches in Deutschland absorbiert und Büsingen wurde deutsches Territorium.

Büsingen am Hochrhein

Büsingen ist nur 700 Meter von Deutschland entfernt. Bildnachweis: Julian Fleischer

Aber die Büsinger mochten es nicht, unter den Deutschen zu sein, und 1918 hielten sie ein Referendum ab, um zu entscheiden, zu welcher Seite die Stadt gehören wollte. Satte 96 Prozent der Wähler stimmten für die Annexion durch die Schweiz, aber da die Schweizer Deutschland kein Territorium anbieten konnten, lehnte Deutschland ab und Büsingen blieb widerwillig deutsch. Schließlich schloss Büsingen 1967 offiziell eine Zollunion mit der Schweiz ab und ist damit das einzige deutsche Gebiet, das nicht Teil der Europäischen Union ist. Dies hat Büsingen zu einer Art Steuerparadies gemacht. Wenn Gebietsansässige Waren in der EU kaufen und nach Büsingen exportieren, können sie die auf ihre Einkäufe gezahlte Mehrwertsteuer zurückfordern. Einkäufe in Büsingen unterliegen der Schweizer Mehrwertsteuer, die bereits niedriger ist als die deutschen. Büsinger zahlen auch keine Grundsteuer.

Büsingen am Hochrhein

Durch dieses Restaurant verläuft die deutsch-schweizerische Grenze in Büsingen. Foto: Triefeline/ Wikimedia Commons

Auf der anderen Seite ist die Einkommensteuer höher als in den umliegenden Schweizer Städten, was dazu führt, dass viele junge Menschen von Büsingen in die Schweiz ziehen. Aber die Situation kehrt sich um, sobald eine Person in Rente geht. Rentner zahlen wie in ganz Deutschland wenig bis gar keine Steuern auf ihre Rente, und so ist Büsingen für viele Schweizer der ideale Ort, um in Rente zu gehen.

Was Büsingen selbst betrifft, so haben viele das Gefühl, dass das Leben viel einfacher wäre, wenn ihre Stadt ein Teil der Schweiz wäre. Aber das ist unwahrscheinlich. Stattdessen geben die Leute einfach vor, Schweizer zu sein. Sie hissen die Schweizer Flagge und feiern Schweizer Feste.

Als BBC-Reporter Larry Bleiberg den stellvertretenden Bürgermeister der Stadt nach Büsingens Nationalfeiertag am 1. August fragte, erklärte der stellvertretende Bürgermeister: „Um hier Urlaub zu machen, ist es attraktiv. Das ist nur etwas, was du tust. Unser Geist und unser Herz sind Schweizer.“

Büsingen am Hochrhein

A mural in Büsingen. Photo: Davidmoerike/Wikimedia Commons

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